Schleiden

Kreisstadt wird Nationalpark-Hauptstadt

Von Manfred Lang
nach Vorarbeit des Stadtarchivs Schleiden

Und Schlossblick, die Dritte: Das Bild entstand um 1928, links im Vordergrund ist das frühere Schleidener Rathaus zu sehen. (Foto: Stadtarchiv)


Schleiden im Wandel der Zeit blieb stets bedeutsam, liegt aber nach Einwohnern nur auf Platz zwei der 18 Stadtteile – Viele Geschlechter residierten auf dem Schloss – Johann Sturm und Johann Philippson („Sleidanus“) trugen humanistische Denk- und Lebensart nach Europa – Schwangere im Standesamt: „15mohl op de Kirmes: Nix! Eemohl Katholikendaach: Dä!“

Schleiden – Es lebe „SLE“! Der vor genau 50 Jahren in der zweiten Kommunalen Neugliederung 1972 untergegangene „Krees Schleede öss wedde do“: Und zwar auf den Nummernschildern einer stetig wachsenden Zahl von Fahrzeugen. Autos, Lasswäähn, Treckere, Mopätts unn Motorrääde…

Man sieht sie nicht nur im Altkreis Schleiden selbst, sondern auch in „Heimisch“ und Umgebung oder „Eeruhr“, die früher ebenfalls zu Schleiden gehörten, aber 1972 vom Kreis Düren beziehungsweise der Städteregion Aachen „e-kassiert“ (eingemeindet) wurden.

Die Kommunen Blankenheim, Hellenthal, Kall, Nettersheim und Schleiden sowie mehr als die Hälfte der Stadt Mechernich gehörten früher ebenso zum Kreis Schleiden wie die Stadt Heimbach, das Amt Hergarten und die zur amtsfreien Gemeinde Dreiborn gehörenden Teile der heutigen Gemeinde Simmerath.

Das Internetlexikon Wikipedia schreibt: „Der Kreis Schleiden war ein Landkreis in der Eifel im ehemaligen Regierungsbezirk Aachen der preußischen Rheinprovinz bzw. des Landes Nordrhein-Westfalen. Er entstand 1829 durch Umbenennung aus dem Kreis Gemünd. Kreisstadt war Schleiden. Der Kreis gehörte bis 1946 zur Rheinprovinz und seitdem zu Nordrhein-Westfalen.“

  • Melz-Pitte, der Letzte

    823 Quadratkilometer war der „Krees Schleede“ jru-eß und hatte zum Zeitpunkt seiner Auflösung 65.900 Einwohner. Der letzte Landrat war MdB Peter Milz aus Marmagen, kurz „Melz Pitte“ genannt. De Stadt Schleede, wie se höckzedaahs (heutzutage) existiert, öss onjefähr 122 Quadratkilomete jru-eß unn hätt jet mie wie 13.000 Enwohner.

    Das heutige Stadtgebiet umfasst noch die 18 Ortschaften Berescheid, Broich, Bronsfeld, Dreiborn, Ettelscheid, Gemünd, Harperscheid, Herhahn, Kerperscheid, Morsbach, Nierfeld, Oberhausen, Olef, Scheuren, Schleiden, Schöneseiffen, Wintzen und Wolfgarten. Schleiden ist hinter Gemünd die zweitgrößte Menschenansammlung im Stadtgebiet.

    Ne bekannte „Schleedene Jong“, Werner Rosen, sammelte in 23 Jahren als Mitarbeiter der Schleidener Kreisverwaltung und in 20 Jahren als Hellenthaler Amts- und Gemeindedirektor originelle Mundart-Bonmots aus dem Landstrich. Er tradierte beispielsweise die fast lyrische Erklärung einer Mutter, die im Standesamt die Geburt eines unehelichen Enkelkindes anzeigt: „Oss Trien, 15mohl op de Kirmes: Nühs. Oss Dröck, eemohl Katholikendaach: Dä!“

    Rosen lernte im Hellenthaler Ländchen noch Leute kennen, die nie weiter von zu Hause weggewesen waren, als dass sie den Blickkontakt zum heimischen Kirchturm verloren hätten. Beispielsweise ein Goldhochzeitspaar, das man zum Festtag in ein Auto geladen und bei einer Spritztour über Wildenburg und Reifferscheid rund um den heimatlichen Sprengel chauffiert hatte: „Jetzt“, so hatten die Goldhochzeiter beim Aussteigen aus der Limousine konstatiert, „wösse me iesch ens, wie schönn de Welt öss!“

    Eine andere Goldhochzeit fand am 21. Dezember statt. Die Festgemeinde, allen voran die Honoratioren, stapften im Fackelzug von Oberschömbach über Heiden nach Unterschömbach durch den Schnee, als Rosen hinter sich den folgenden Dialog erlauschte: „Wie ka me bloß am 21. Dezembe hieroode?“

    „Datt Draut war frööde e jlöhnisch Loode, demm wore die Sommernaahte ze kuert.“ Die Goldhochzeitsbraut, so der Auskunft- Gebende, sei in ihrer Jugend eine feurige Liebhaberin gewesen. Deshalb habe sie auf eine Heirat im Winter gedrängt – weil die Sommernächte so kurz sind…

    Der Ort Schleiden, die „Kernstadt“ gewissermaßen, beherbergt onjefähr 2.300 Mensche, Fraue, Mannslöck, Puute, Pänz, ahl Mööhne unn ahl Männ in ihren Mauern (exakt 2.262 im Juni 2019). 1856 hatte Schleiden erst 566 Einwohner in 89 Häusern, 1935 deren 1129. Et Städtche wooß!

    Schleiden ist Schulstadt mit breitgefächertem Bildungsangebot, Verwaltungszentrum mit Sitzen von Stadt- und Kreisverwaltung inklusive eigener Pkw-Zulassungsstelle sowie Sitz eines Teils der Kreispolizeibehörde.

    Die Talsiedlung um Schloss- und Schlosskirche ist Ärztestadt mit Krankenhaus (Antonius-Hospital), sie besitzt Turnhallen, Freibad, Sportplätze und Campingplätze. Vor allem aber darf sich Schleiden heute „Nationalpark-Hauptstadt“ nennen mit seinem Internationalen Punkt „Vogelsang ip“ und das ist – am Bekanntheitsgrad gemessen – noch mehr als „Kreisstadt“.

  • Dynastienwechsel

    Wer oder was bitte öss „Oeskerche“, wohin die stolze alte Arenberger Residenz 1972 eingemeindet wurde? Die Herrschaft Schleiden, ein luxemburgisches Lehen, kam nach dem Aussterben des alten Dynastengeschlechts in den Besitz des berühmten Manderscheider Grafenhauses mit Dietrich III. und Dietrich IV., einem ausgezeichneten und weisen Regenten und Förderer der Wissenschaft.

    Unter anderem verhalf Dietrich IV. dem bedeutenden Reformationsgeschichtsschreiber Johannes Sleidanus und dem großen Schulmann und Humanisten Johannes Sturmius zu Bildung und Einfluss. Dietrich V. (1551–1560) und Dietrich VI. beendeten die Dynastie der Manderscheider im Schleidener Schloss – und es zogen die Herzöge von der Marck ein.

    Erst, als auch die Von der Marck ausgestorben waren, wurden sie von den bis heute in vielen Begrifflichkeiten und Einrichtungen wie der gleichnamigen Arenbergischen Forstverwaltung Schleiden präsenten Herzögen von Arenberg abgelöst. Ihr letzter Regent, Ludwig Engelbert, verlor die Herrschaft 1795 an Napoleon. Mött denne kome übrijens ne Hoofe französische Vokabele en oss Mundart.

    Eindeutig frankophon ist die folgende Shortstory auf Eifeler Platt: „Matschö (Matthieu) unn seng Matusel (Mademoiselle) soßen om Schäselong (Chaiselongue) unn pussierte (pousser) mött vell Pläseer (plaisir), doh ändert sich die Klüer (Couleur) en ihre Visaasche (Visage) op eemohl. Drusse schoss der Schandarm (Gendarm) Schäng (Jean) mött sengem Velozepee (Vélo = Fahrrad) eraff van de Schossee (Chaussee) över et Trottuar (Trottoir) unn expree (faire exprès = überdeutlich gesagt) en eener Kajäer (Carriere im Sinne der Kavalleriesprache für die schnellste Gangart, den gestreckten Galopp) dörch de Kulang (von couler = fließen) böss an de Huusdühr. Häer klopp em nächste Momang (Moment) wie beklopp op die Schiev unn böök, häer wöll die zwei partu (partout) vissiteere (visiter): »Schluss mött Randevu (Rendezvous), ihr Bajaasch (Bagage), kott unn maht kenn Visematentcher«.“

    Angeblich stammen die „Visematenten“ im rheinischen Dialekt von „Visitez ma Tente“ („Besuchet mein Zelt“), einer Aufforderung französischer Besatzungssoldaten an rheinische Jungfrauen. Aber das ist Unfug, denn bereits 1499 werden in Kölner Annalen „Visamenten“ erwähnt, ein Begriff für unnütze Dinge schlechthin.

    So oder so: „Visematenten“ wurden auch auf dem Schleidener Schloss gemacht. Es „gehört in seinen ältesten Teilen dem 12. Jahrhundert an“, schreibt der bekannte „Eifelführer“ des Eifelvereins: „Umbauten erfolgten im 14. Jahrhundert und unter Dietrich III. 1686. 1702 wurde es erneut durch die Franzosen zerstört. Die Erneuerung erfolgte durch J. J. Couven zu Beginn des 18. Jahrhunderts. Die übrigen Wohngebäude gehören dem Ausgang des 16. Jahrhundert an, so das Renaissanceportal mit Wappen des Phillips von der Marck.“

    Das Schloss, wie auch das übrige Schleiden, wurden im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt. Die ehemalige Schlosskirche (jetzt katholische Pfarrkirche) wurde 1515 – 1525 von Graf Dietrich von Manderscheid-Blankenheim und seiner Gemahlin erbaut. Sie ist eine spätgotische Hallenkirche mit dem Grabmal der Sybille von Hohenzollern mit zwei kostbaren Buntglasfenstern aus dem Jahre 1535 sowie einer König-Orgel. Ob datt Jraav von der Sybilla komme me spääde noch ens…

  • „Sleyda“ 1198 erstmals genannt

     Im historischen Pfarrhaus schräg gegenüber residiert „höggijendaahs“ (heutzutage) mit Pfarrer Philipp Cuck, „Pastuhr“ oder nur „Philipp“ genannt, ein energischer Priester, dessen Sprengel sich zur Zeit „Gemeinschaft der Gemeinden“ nennt und dessen Pfarrherrschaft sich von der belgischen und rheinland-pfälzischen Grenze über das gesamte Schleidener Tal und die Dreiborner Höhe bis tief in die Forsten des Kermeter und vor die Tore der Gemeinde Kall erstreckt.

    „Sleyda“ wurde 1198 erstmals in einem amtlichen Schriftstück beim Namen genannt, ist aber vermutlich viel älter. Das Wort kommt vom althochdeutschen „slidan“ = „herabgleiten“ mit der Bedeutung „Berg- oder Hügelabhang“. Schleede(n), so der ripuarische Mundartbegriff, wäre somit die „Siedlung am Abhang“, vermutet der Regionalhistoriker Karl Guthausen („Juuthausens Karrel“).

    1309 wird Schleiden als Burg und „munitio“ (ummauerte Siedlung) bezeichnet. Von der einstigen Stadtmauer ist heute nichts mehr zu sehen. In einer Urkunde von 1360 wird der Ort unterhalb des Schlosses am Flüsschen Olef erstmals als Stadt bezeichnet, allerdings mött Dobbel-T: „Statt“. Statt enem Dörp stond do op eemohl en Stadt…

    Das Zentrum wie auch das übrige Schleidener Tal prosperieren wegen der blühenden Eisenindustrie unter den Grafen von Manderscheid-Schleiden 1450-1593, schreibt Heimatforscher Otto Kersting. 1561 entsteht die erste urkundliche Erwähnung eines Marktes, 1575 werden Schleiden das Wochen- und Jahrmarktrecht verliehen.

    1603 verbrennt die heutige Stadt in einem fürchterlichen Inferno, das nur Vorburg und Schloss verschont. Großzügige Spenden für den Wiederaufbau kommen aus dem gesamten Reich, „von Straßburg bis Leipzig“, heißt es im Stadtarchiv.

    Um 1690 leben 360 Schleidener in 77 Haushalten und verdienen ihr tägliches Brot vorrangig im Tuchgewerbe und in den Eisenhütten, so Ruth Schmitz-Ehmke in ihrem bekannten Standardwerk über Schleiden: „Zu dieser Zeit erstreckte sich die Stadtmauer zwischen der Olef im Süden und Osten des Ortes und dem Dieffenbach auf einer Fläche von 250 x 100 Meter (25.000 m²)“.

    Die Frage, ob die Schleidener Frauen in der Zeit bereits emanzipiert waren, stellt sich volkskundlich nicht. Wehrhaft dürften sie allerdings schon gewesen sein, auch im eigenen Haushalt, wie ein Limerick der Kabarettisten-Band „Eifel-Gäng“ belegen soll: „Et wollt ne Mann ens uss Schleede/ Senge Frau et Schwaade (Schwätzen) vebeede./ Häer klopp sich mött ihr unn veluur/ E Ooch (Auge), zwei Fönger, e Uhr (Ohr)/ Sechs Zängk, e Been unn seng Kleede.“ Man sollte einer Frau niemals den Mund verbieten wollen…

    Nach Abzug der napoleonischen Besatzungstruppen (1795-1815) kam Schleiden unter preußische Herrschaft im Kreis Gemünd, der 1829 zum Kreis Schleiden wird, weil der Landrat seinen Wohn- und Amtssitz ins Schleidener Schloss verlegt. Schleiden ist damit zu der Zeit die kleinste Kreisstadt Preußens mit dem flächenmäßig größten Kreis der Rheinprovinz…

    Seit 1856 beleuchten Öllaternen die ersten Straßen, Herzog Prosper Ludwig von Arenberg unn seng Frau, Herzogin Ludmilla, stiften das St.-Antonius-Hospital. 1857 verleiht der König von Preußen Schleiden die Städteordnung. Schleede widd Stadt!

  • 1884: De „Flitsch“ kütt

    1884 dampft die erste „Flitsch“ aus Richtung Kall im Schleidener Bahnhof ein. Bis zur Eröffnung der Eisenbahnstrecke Kall-Hellenthal blieb die Wohnbebauung auf den mittelalterlichen Stadtkern beschränkt, lediglich größere Gemeinschaftsgebäude wurden außerhalb des Mauerrings errichtet, die Alte Rentei (1835) vor dem ehemaligen östlichen Stadttor, katholische Volksschule (1850) und Höhere Stadtschule (heute: Johannes-Sturmius-Gymnasium) auf dem Driesch.

    1892 wird die erste Wasserleitung verlegt, sechs Jahre später elektrisches Licht. Den Strom erzeugt ein kleines Elektrizitätswerk, das an Stelle einer abgebrannten Mühle an der Olef errichtet wurde. Es war die erste Anlage dieser Art im Kreis Schleiden und darüber hinaus. 1900 fing sie Feuer und verbrannte mit allen Einrichtungen. Die Schleidener mussten wieder auf ihre alten Petroleumlampen zurückgreifen…

    Bis Kaiser Wilhelm II. 1905 die Urfttalsperre eröffnen ließ und wieder Strom nach Schleiden floss, dieses Mal von der Kraftzentrale Heimbach aus. 1906 besichtigte der „Könning“ von Preußen und Kaiser der Deutschen in Husarenuniform das 1904 fertiggestellte Stauwehr bei Wollseifen („Wollsiefe“) an der Seite des Oberpräsidenten Freiherr von Schorlemer und begleitet von Familienangehörigen, unter anderem seinem Sohn Prinz August Wilhelm.

    Ebenfalls im Wagen saßen der Schwager und die Schwester des Kaisers, Prinz Adolf von Schaumburg-Lippe und Gemahlin. „Der Kaiser sah etwas gebräunt, aber sehr frisch und gesund aus; das unaufhörliche Hurra-Rufen und Tücher-Schwenken schien ihm sichtlich zu gefallen, denn unablässig grüßte er freundlich nach allen Seiten“, vermerkte ein Chronist über die Durchfahrt seiner Majestät. Zurück gelangten die Hohenzollern von der Urftstau-Mauer mit dem Motorboot „Karoline“ nach Malsbenden.

    1918 ging die Monarchie in Deutschland ruhmlos zu Ende. Die erste Demokratie, die Weimarer Republik überlebte im freiheitlich unerfahrenen Deutschland nur bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933. 1935 hatte der Kernort Schleiden 1129 Einwohner, halb so viele wie heute, eine katholische Pfarr- und eine evangelische Kirchengemeinde und konfessionelle Schulen, eine dreiklassige katholische Volksschule unter Lehrer Josef Hackstein und eine einklassige evangelische Volksschule.

    Außerdem eine Höhere Mädchenschule von Sexta bis Obertertia und das sechsklassige Realprogymnasium Schleiden, das bis zur Mittleren Reife führte (VI bis U II). Die Kreisberufsschule („Berufsschöll“) Schleiden unterhielt eine Abteilung im Gebäude des Gymnasiums mit einer Klasse für konstruierende Berufe und einer Klasse für gemischte Berufe für Jungen ab 18 Jahren.

    Aus jener Zeit könnte eine Anekdote stammen, in der der Lehrer für kaufmännisches Rechnen seinen unbegabten Ex-Berufsschüler wieder trifft. „Watt öss dann uss Dir woore, was ist denn aus Dir geworden?“ will der wissen. „Koofmann!“ „Kaufmann?“, staunt der Lehrer: „Du kanns doch jarnett reichene!  Womött handels Du dann?“ „Mött Appelsinekeste!“ (Apfelsinenkisten), gab der Berufsschüler zurück: „Die koofen ich für dreij Mark enn unn vekoofe se für fönnef Mark wigge – unn von dä zwei Prozent lövven ich…“

    Für 1935 zählt der „Hinkende Bote“ eine stolze Zahl gastronomischer Betriebe auf: Hotel Kölner Hof, Inh. Albert Kern, Hotel Hermanns, Inh. Wwe. Arnold Hermanns, Hotel Büsch, Inh. Josef Büsch, Hotel Schleidener Hof, Inh. Geschwister Krewinkel, Bahnhofs-Hotel, Inh. Anton Meurer und die Bahnhofswirtschaft von Josef Frings.

    Gewerbetreibende waren Apotheker Franz Schlink, die Anstreicher („Aahnstriche“) Albert Hütte, Josef Krabler, Albert Larres, Franz Weber und Peter Winter, Dachdecker („Daachdecke“) Johann Esch und Dentist Werner Kuckartz. Es gab 1935 die Arbeiterkleiderfabrik Fesemeyer & Hahn, die Autoreparaturwerkstätten August Grözinger, Josef Mertgens und Ernst Schievelbusch und die Bäckereien, Konditoreien und Cafés Klemens Friedrichs, Albert Scherzer und Rudolf Willimzig.

  • Korb- und Kolonialwaren

    Eine Buch- und Schreibwarenhandlung unterhielten Josef Krabler und Karl Rees, die Eifeler Volkswacht betrieb in der Kreisstadt eine Buchdruckerei, Paul Raueeiser eine Drogerie, Peter Klein und Richard Löhr Eisenwarenhandlungen. Hubert Klein war Elektroinstallateur, Georg Suppe Feinkosthändler, es gab in Schleiden mit Fr. Karl Axmann, Wwe. Johann Klein und Josef Pütz jun. mehrere Friseure.

    Martin Geschwind und Hermann Logen waren Gärtner („Jäärdene“), die Geschwister Noster betrieben ein Gemischtwarengeschäft, Richard Hörnchen eine Gemüse- und Obsthandlung, die Gebrüder Dartenne Holzsägewerk und Baumaterialienhandlung. Die Geschwister Krewinkel verkauften Kolonialwaren, „Frau Josef Rosen“ Korbwaren und die Metzger Martin Haas, Josef Pütz, Geschwister Rosenbaum und Andreas Scholzen Fleisch und Wurst.

    Modewaren konnte man bei den Geschwistern Weidenfeld erwerben, Ernst Gehlen hatte ein Gewerbe als Sattler angemeldet, Karl Henz als Schlosser, August Hennes als Schmied („Schmött“) und Kohlenhändler („Klüttehändle“) und Hubert Gerhards, Paul Gräfen, Wilhelm Hahn, Franz Harperscheid, Pauline Pauls, Frau Albert Larres und Frau Toporowsky als Schneider („Schnegge“ bzw. „Schnegesch“).

    Und da waren noch der Schlosser Richard Löhr, die Schreiner („Schrenge“) Karl Henz und Paul Werner, die Schuhmacher („Schohmeische“, „Schuste“) Hubert Hoß, Jean Weber und Konrad Zöll, Stuckateur Johann Jenniches, Tabakwarengroßhändlerin „Ehefrau Anton Poensgen“ und Textilwarengroßhändler Damian Hahn.

    Als Tiefbauunternehmer betätigte sich Fritz Müller, Josef Pütz sen. als Uhrmacher, Gold- und Tabakwarenhändler, Albert Haas war Viehhändler, Egon Trimborn verkaufte sogenannte „Weißwaren“ und Walter Vogel betrieb eine Zimmerei.

    Was Stadtbrand und Zweiter Weltkrieg in Schleiden stehen ließen, fiel vielfach dem Bau- und Erneuerungsbestreben der 60er bis 90er Jahren des 20. Jahrhunderts zum Opfer. Die komplette Häuserzeile zwischen Stein- und Huppenstraße wurde abgerissen und durch die platzartig verbreiterte Straße „Am Markt“ ersetzt. Sie dient vorrangig als Markt- und Parkplatz. Das freigewordene Gelände nördlich der Huppenstraße wurde mit viergeschossigen Häusern bebaut. Die 1968 mit dem Abriss des ersten Hauses begonnene Baumaßnahme wurde erst 1994 abgeschlossen.

    Für den Ausbau der Kreuzung der Bundesstraßen 265 und 258 an der Alten Rentei, heute ein Kreisverkehr, wurde ebenfalls historischer Baubestand dem Erdboden gleichgemacht, katholische Volksschule und evangelisches Pfarrhaus mussten weichen. Der bereits geplante Abbruch der Alten Rentei konnte erst durch Einspruch der Denkmalpflege in letzter Minute abgewendet werden.

    Vor 50 Jahren kam dann die Zweite Kommunale Neugliederung und das Aus für Schleiden als Kreisstadt. Nicht wenige Eifeler hatten mit einer Fusion der Eifelkreise Monschau und Schleiden geliebäugelt, aber man entschloss sich in Düsseldorf zur Paarbildung eines je armen mit einem für reich gehaltenen Kreis. So kam Monschau zu Aachen und Schleiden zu Euskirchen, obwohl die strukturellen Unterschiede kaum größer sein konnten.

  • 1000 Kilometer bis zum Atlantik

    Die Stadt Schleiden wurde zusammen mit der ehemaligen Stadt Gemünd und 16 weiteren Ortschaften in die neue Stadt Schleiden integriert, das ehemalige Landratsamt auf dem Ruppenberg wurde Rathaus. 1978 schloss die nunmehr ehemalige Kreisstadt europäische Städtefreundschaft mit dem 1000 Kilometer entfernten französischen Küstenstädtchen Pont L’Abbé.

    Das Wappen von Schleiden zeigte ehedem einen rot-züngigen gekrönten Löwen in Silber mit gespaltenem Schweif auf blauem Grund, umgeben von zwölf Lilien in Gold. 1976 wurde für die kommunal neugegliederte Stadt Schleiden auch ein neues Wappen entworfen. Allein der Löwe aus dem ehemaligen Wappen wurde übernommen.

    Die Seniorenresidenz „Liebfrauenhof“ und das Schlossrestaurant sind im 1198 erstmals erwähnten früheren Schloss der Edelherren von Schleiden untergebracht. Die Geschichte des Baudenkmals ist wechselvoll. Burgherren waren Verwandte der Grafen von Blankenheim (ab 1140), die Linie Manderscheid (1451-1612), die Linie Von der Marck (1612-1773) und die Herzöge von Arenberg (1773-1920). Zeitweilig residierte auch der Landrat auf dem Schloss.

    1689 und 1702 wurde die Burg beim Rückzug französischer Truppe bis auf die Grundmauern zerstört und im 18. Jahrhundert ohne Verteidigungsanlagen mit dem heute prägenden langgestreckten Südflügel als Schloss wiedererrichtet. 1920 erwarb der Lazaristen-Orden das Gemäuer und errichtete ein Schülerheim, das „Marianum“. 1944/45 rollte der Krieg über Schleiden und hinterließ Zerstörung. Vom Schloss blieb nur noch der Südteil des Ostflügels und die Umfassungsmauern.

    1951 wurde die Genossenschaft der Oblaten vom hl. Franz von Sales neue Besitzerin und führte das Marianum weiter. Rückläufige Schülerzahlen führten 1986 zum neuerlichen Eigentümerwechsel, das Schloss verfiel zusehends. Die Kreiskrankenhaus Mechernich GmbH übernahm es und machte die eingangs erwähnte Seniorenresidenz auf.

    Weitere Baudenkmäler sind das frühere Landratsamt auf dem Ruppenberg, das heute als Rathaus der Stadt dient, und der Pont-l’Abbé-Turm, ein früherer Schlauchtrockenturm der Feuerwehr, der heute als Wappenträger der Partnerstädte dient und aus Anlass der 30-Jahr-Partnerschaftsfeier 2008 renoviert wurde.

    Die französische Partnerstadt am Atlantik ist wie Schleiden eine Schulstadt. Erste Anfänge schulischer Unterweisung lassen sich in Schleiden bereits für das 16. Jahrhundert nachweisen. Aus einer Lateinschule, die zeitweise im Schloss untergebracht war, gingen die beiden bereits erwähnten Gelehrten Johannes Philippus, genannt Sleidanus, und Johannes Sturmius hervor.

    1924 gab es die weiter vorn bereits erwähnten vier Schulen (katholische und evangelische Volksschule, Real-Progymnasium und Höhere Töchterschule). 1926 begann der Bau des Städtischen Gymnasiums auf dem Driesch, heute als Johannes-Sturmius-Gymnasium neben der bischöflichen Clara-Fey-Schule eines von zwei Gymnasien in Schleiden. Hinzu kommen zwei Realschulen, eine Förderschule, eine Grundschule und der Außenstandort der Rheinischen Fachhochschule.

    Im Rathaus ist der Sitz des Musikschul-Zweckverbandes, der aus den Kommunalen Musikschulen der Städte Schleiden, Mechernich und Zülpich sowie der Gemeinden Blankenheim, Dahlem, Hellenthal, Kall und Nettersheim hervorgegangen ist. Die Einrichtung eines eigenen Stadtarchivs begann 1972 nach Gründung der heutigen Stadt Schleiden. Es ist untergebracht in den Kellerräumen des Rathauses Schleiden.

    Aufgebaut wurde das Archiv ehrenamtlich vom früheren Bürgermeister Carl Müller. Die älteste Urkunde stammt aus dem Jahr 1521. Es geht um einen Erbtausch zwischen Dietrich, Graf von Manderscheid, und Gerhard von Dalbenden. Das Archiv umfasst Sammlungsgut (Bildsammlung, Jahreskalender, Zeitungen, Zeitungsausschnittsammlung) und eine Archivbibliothek (Bücher zur Regional- und Stadtgeschichte) und kann als öffentliche Einrichtung nach vorheriger Terminabsprache von jedermann besucht werden.

    Der älteste Nachweis einer Kirche in Schleiden stammt aus dem Jahr 1230. Vermutlich handelte es sich damals um eine Kapelle, die zur Abtei Steinfeld gehörte. Im Verlauf des 14. Jahrhunderts löste sich Schleiden von seiner Mutterkirche und war spätestens seit 1412 selbst Pfarrei. 1516 bis 1525 wurde die spätgotische dreischiffige Schlosskirche als Hallenkirche errichtet. Es folgten zahlreiche Um- und Instandhaltungsarbeiten.

    Nicht alle waren ausgewogen und sinnvoll: Aus Geldnot wurde Anfang des 19. Jahrhunderts der marmorne Sarkophag der Sibylla von Hohenzollern, Ehefrau von Graf Ernst von der Marck-Schleiden (1613-1654), zerschnitten und zur Kommunionbank umgebaut. Das wurde bei Restaurierungsarbeiten hundert Jahre später zu Beginn des 20. Jahrhunderts revidiert. Der Sarkophag wurde wiederhergestellt, Kaiser Wilhelm II. höchstselbst stiftete 1911 eine neue Kommunionbank. Bei Instandsetzungsarbeiten in den 1970er Jahren wurden einige interessante archäologische Funde gemacht.

    Der alte Friedhof um die Schlosskirche wurde 1901 geschlossen, 1903 wurde ein Gottesacker auf dem Ruppenberg angelegt, 1962 bis 1965 schließlich der neue Waldfriedhof mit Friedhofskapelle und Hochkreuz, der noch heute in Gebrauch ist.

    Unten im Ortskern befindet sich ein ehemaliges Franziskanerkloster, das heutige „Franziskus-Haus“, 1642 von Graf Ernst von der Marck-Schleiden begründet und in mehreren Abschnitten gebaut. Es verfügte über Klausur, Hospital und Hospitalkapelle. Die Klosterkirche erstand 1684 bis 1687. Nach der Säkularisation erwarb Abraham Poensgen die Klostergebäude.

    Op ihr Plaatz (an ihrer Stelle) errichtete der Unternehmer sein eigenes repräsentatives Wohnhaus („Wonnhuus“), die Klosterkirche („Kluusterkirch“) übergab er 1808 der katholischen Pfarrei („Faah“). 1944/1945 wurden Kirche und alle Gebäude im ehemaligen Klosterbereich zerstört. Auf dem Grundriss der Kirche wurde ein dreigeschossiger Bau errichtet. An Stelle der Klostergebäude befindet sich heute ein kleiner Park mit Parkplatz.

    Unter Graf Dietrich VI. von Manderscheid-Schleiden (1560-1593) wurde in Schleiden die Reformation eingeführt, die evangelische Gemeinde feierte ihre Gottesdienste fortan zunächst in der Schlosskirche. Dann verbot gegenreformierte Graf Ernst von der Marck-Schleiden (1613-1654) die protestantische Religionsausübung. Die Gemeinde suchte und fand („sooht unn fong“) mitsamt ihrem Pfarrer Zuflucht in Gemünd.

  • Erinnerung an jüdische Gemeinde

    1660 konnte die Gemeinde ein Grundstück außerhalb der Schleidener Stadtmauer auf dem Driesch an der Olef erwerben, wo sie den evangelischen Friedhof anlegte, hundert Jahre später wurde den Reformierten gestattet, auf diesem Friedhof eine Kirche zu bauen (1786-1788). Weitere 50 Jahre erhält die Trinitatiskirche einen Glockenturm. Auch dieses Gotteshaus wird ein Opfer der Weltkriegsbomben und Granaten und muss hernach wieder instandgesetzt werden.

    Der Friedhof der früheren jüdischen Kultusgemeinde von Schleiden befindet sich auf einem dreieckigen Grundstück am Ruppenberg. Das Grundstück wurde 1865 von der jüdischen Gemeinde erworben, 1944 enteignet und 1951 wieder zurückgegeben, was aber mehr oder weniger Symbolcharakter hatte, denn die Gemeinde war nach Flucht, Deportation oder Ermordung ihrer Gläubigen nicht mehr existent.

    Heute stehen dort noch 15 Grabsteine aus dem 19. und 20. Jahrhundert und ein Gedenkstein mit Namen jener 13 Schleidener Bürger, die dem jüdischen Glauben anhingen, und die im Holocaust umkamen. Er wurde am Buß- und Bettag 1988 enthüllt.

    Das „Antoniushospital“, Krankenhaus von Schleiden mit 105 Betten, gehört heute wie der erwähnte „Liebfrauenhof“ zum Konsortium der Kreiskrankenhaus Mechernich GmbH, sein Einzugsgebiet geht bis zur belgischen Grenze und zum Kreis Aachen, in manchen medizinischen Disziplinen (Handchirurgie, Plastische Chirurgie) auch noch darüber hinaus.

    Andere Disziplinen sind Altersmedizin, Alterstraumatologie und Innere Medizin, Unfallchirurgie, Schmerztherapie, Klinik für Plastische, Ästhetische, Wiederherstellungs- und Handchirurgie, Zentrum für Fuß- und Sprunggelenkchirurgie. Laut Nachrichtenmagazin FOCUS ist die Schleidener eine der besten regionalen Kliniken dieser Größenordnung in Deutschland. 2021 wurde das Antoniushospital folgerichtig mit dem Siegel „TOP-Regionales Krankenhaus 2021 in NRW“ ausgezeichnet. Die Klinik geht zurück auf das erwähnte 1526 von Graf Dietrich IV gestiftete Armenhaus.

    Dieses erste „Hospital“ wurde 1603 beim großen Stadtbrand vollständig zerstört, aber wiederaufgebaut. Als die Franziskaner bauten, stand es im Weg und wurde in ein Haus in der Steinstraße verlagert. 1854 schließlich stiftete die Herzogin Ludmilla von Arenberg ein neues Hospital für zwölf Kranke. Nach der Kriegszerstörung wurde das Gebäude zwar hergerichtet, aber nicht mehr als Krankenhaus genutzt. 1966 entstand dann am „Hähnchen“ ein vollständig neues und modernes Krankenhaus. Dieses „St.-Antonius-Hospital“ in kirchlicher Trägerschaft wurde 1969 eingeweiht.

    1899 wurde die Schleidener Freiwillige Feuerwehr gegründet, zwei Jahre nach dem Stadtbrand von 1897, bei dem 15 Familien obdachlos wurden. Allein 13 Gebäude im Bereich des heutigen Marktplatzes gingen in Flammen auf. Es war die nächstgrößere Brandkatastrophe nach dem verheerenden Stadtbrand von 1603. Ganz aktuell im Jahre 2018 kam es im Schleidener Tal zu einer Brandserie durch Brandstiftung mit Großbrand des Johannes-Sturmius-Gymnasiums.

    Für 1911 wird die Zahl der Aktiven der Freiwilligen Feuerwehr Schleiden mit 40 angegeben. Die Feueralarmierung erfolgte noch in den 1920er Jahren durch einen Hornruf – egal ob zu Übungszwecken oder im Ernstfall. Die Feuerwehr bat bei den Bürgern um Verständnis für diese „Lärmbelästigung“.

    1940 schafften die kreisstädtischen Floriansjünger ein erstes modernes Löschfahrzeug an. Es blieb bis 1963 im Einsatz! 1961 erhielten die Feuerwehrmänner von der Stadt Schleiden freien Eintritt in den städtischen Schwimmbädern.

    Zur reichen Vereinswelt der Nationalpark-Hauptstadt gehören Geschichtsforum Schleiden e.V., Technisches Hilfswerk (THW), Junggesellenverein Schleiden e.V. (JGV) sowie der Handwerker- und Gewerbeverein Schleiden (HGV). Alteingesessene Wirtschaftsbetriebe sind die Bäckerei Friederichs (seit 1931) und die Metzgerei Scholzen (125 Jahre).

    Ersterer Betrieb wird in dritter Generation geführt von Klemens Friederichs. Die Übernahme durch Sohn Alexander gilt als gesichert. Magdalena und Elmar Scholzen haben ihre Fleischerei 2021 an Nachfolger Simon Roller übergeben. Elmar Scholzen bleibt aber Betriebsleiter des Unternehmens, das sich mit seinen 120 verschiedenen Wurst- und Schinkenwaren laut Gourmetmagazin „Der Feinschmecker“ seit 2004 zu den 500 besten Metzgereien Deutschlands zählen darf.

    Zu den regelmäßigen Veranstaltungen in der Nationalpark-Hauptstadt gehören der Sleidanus-Bauernmarkt inklusive Platzkonzert und Bauernrallye, der Schleidener Nikolausmarkt (seit 2014 vom Junggesellenverein organisiert mit Eifeler Erbsensuppe, Reibekuchen, Glühwein, Feuerzangenbowle, Handwerksarbeiten, Kunst und Nikolausbescherung für Kinder), Schleidener Maifest (federführend ebenfalls JGV) und der Eifeler Crossduathlon (TuS Schleiden).

    Der bereits mehrfach erwähnte prominente Schleidener Johannes Sleidanus (1506-1556) hieß eigentlich Johann Philippson. Er war in Schleiden geboren und aufgewachsen, genoss dort seine erste Bildung an der Lateinschule und studierte in Lüttich, Köln und Löwen, Paris und Orléans. 1544 schreibt er in Straßburg, wo er inzwischen lebte, die Geschichte der Reformation nieder. Sein Hauptwerk erschien dort 1555 und gilt als der beste zeitgenössische Bericht über die Reformation.

  • Ehre für Otto Kersting

    Der andere prominente Schleidener, nach dem auch das städtische Gymnasium benannt wurde, war Johannes Sturmius (1507-1589), eigentlich Johann Sturm. Auch er studierte in Lüttich und Löwen und lebte schließlich in Straßburg, wo er das heutige Jean-Sturm-Gymnasium gründete, eine fortschrittliche Schule, deren Lehrplan, Lehrmethode und Lehrziele Sturmius schriftlich in einem Buch festhielt. Seine Schule wurde europaweit ein Vorbild humanistischer Bildung.

    Otto Kersting (1927-1998) stammte aus dem Ruhrgebiet und kam als Lehrer und Sonderpädagoge 1969 nach Schleiden, wo er bis zu seinem Tod lebte und wirkte. Kersting beschrieb die Schrecken des Krieges am Beispiel der Stadt Schleiden und engagierte sich bei der Versöhnung mit den überlebenden Schleidener Juden.

    Er war Verfechter einer politischen Haltung, aus der eigenen Erinnerung Konsequenzen zu ziehen und „maximal engagierter Leiter der Astrid-Lindgren-Schule“, wie es der heutige Schleidener Chronist und Redakteur Franz Albert Heinen formuliert.

    Kersting war maßgeblich beteiligt bei der Vorbereitung der 400-Jahr-Feier der Stadt Schleiden im Jahr 1975 und Herausgeber einer Buchpublikation zum Ereignis. Im Zug dieser Feier entstand die Idee zur Gründung eines Vereins zur Förderung des Zusammenlebens der Schleidener. Er nannte sich „Bürger- und Verkehrsverein Schleiden e.V.“ Otto Kersting wurde 1977 erster und langjähriger Vorsitzender – und „Vereinsmotor und mit seiner Kreativität Ideengeber für viele Initiativen“, so F. A. Heinen.

    Er war auch Künstler, so sein Biograf Norbert Stoffers und hinterließ viele Federzeichnungen mit Ansichten von Bauwerken aus dem Stadtgebiet: „Es gibt fast kein Gebäude in Schleiden, das nicht von ihm skizziert wurde.“