Bildenden Kunst. Die Tradition des Stilllebens zeugt davon. Doch im 20. Jahrhundert veränderte sich der künstlerische Blick: Dinge wurden nicht mehr nur dargestellt, sondern selbst zum künstlerischen Material. Es entstanden neue Ausdrucksformen wie Collagen, Montagen, Assemblagen, Materialbilder und Objektkästen – mit historischen Wurzeln in Amuletten, Talismane, Votivgaben und Reliquienbildern.
Wann wird ein Ding kunstwürdig? Diese Frage berührt zentrale Aspekte der Ästhetik, Philosophie und Kunsttheorie. Eine eindeutige Antwort gibt es nicht – wohl aber unterschiedliche Perspektiven.
Heute gilt: Jedes Material, unabhängig von Funktion oder Wert, kann „kunstwürdig“ sein. Künstler:innen lassen sich oft nicht von festen Ideen leiten, sondern reagieren auf das Gefundene: durch Verfremdung, Neukontextualisierung, Bemalung, Verformung oder Verpackung. Das Bekannte wird ungewohnt. Dinge werden zu Anstößen, zu Symbolen, zu „Gedankenmaterial“ subjektiver Erfahrung. Ob als Souvenir, als Teil einer Sammlung oder als künstlerische Intervention: Objekte erzählen Geschichten. Sie verwandeln sich – werden zum „Arsenal der Erinnerung“, zu materiellen Zeugen gelebten Lebens.
Die Alltäglichkeit der Dinge und ihre Verwandlung – ihre Metamorphosen – sind das Thema dieser Ausstellung. Durch ihre Präsentation erhalten sie eine neue Bedeutung, werden mit dem Nimbus des Besonderen umgeben. Profane Alltagsgegenstände erscheinen plötzlich als etwas Heiliges, Magisches, Symbolhaftes. Ein einfacher Stein etwa – gefunden am Meer, mitgebracht von einer Reise – wird auf dem Schreibtisch zum Erinnerungsstück. Er „erzählt“ von einem Ort, einem Moment, einer Begegnung.
Warum heben wir Dinge auf? Warum sammeln wir? Ist es reine Neugier? Ein „Begreifen“ mit den Händen? Der Wunsch, etwas Bleibendes festzuhalten? Diese kleinen und großen Objekte – Fundstücke, Erinnerungsfragmente, Hinterlassenschaften früherer Generationen – berühren uns, manchmal ebenso tief wie ein Kunstwerk. Indem wir sie aus ihrem funktionalen Zusammenhang lösen, treffen Kunst und Alltag aufeinander. Auch die Geschichte hinter dem Gegenstand berührt: das Schicksal eines Fundstücks, das Staunen beim Entdecken, die Erinnerung beim Wiederfinden. Solche Dinge gleichen jenen magischen Objekten, denen Schamanen und Priester geheimnisvolle Kräfte zuschrieben. Nicht zuletzt steckt in jeder Sammlung eine Lust am Erzählen: Freude an der Pointe, am Verborgenen im Banalen, am Spiel mit Kontrasten – zwischen Kunst und Kitsch, Erhabenem und Alltäglichem, Traum und Realität. Gerade dort, wo Witz und Ernst, Sehnsucht und Notwendigkeit aufeinandertreffen, entsteht ein echtes Bild unserer Welt. Ein Ding wird nicht durch seine materielle Beschaffenheit zur Kunst – sondern durch Absicht, Kontext, Rezeption und Interpretation. Der Moment, in dem wir es als bedeutungstragend wahrnehmen, ist der Moment, in dem es zum Kunstobjekt wird. Das bedeutet in einem weiten Sinn, dass alles – auch ein Ding – potenziell kunstwürdig ist, wenn es als Ausdruck menschlicher Kreativität verstanden und in sozialem Miteinander gestaltet wird, getreu dem berühmten Satz von Joseph Beuys:
„Jeder Mensch ist ein Künstler.“
Mehr Infos finden Sie auf der Website des KunstForumEifel: www.kunstforumeifel-gemuend.de