Stadtgeschichte

Stadtgeschichte

Stadtgeschichte Schleidens - Schleiden im Jahre 1831, Steinzeichnung von Nicolas Ponsart


In keltisch-römischer Zeit wurden in der Nordeifel vornehmlich die fruchtbaren Böden der Kalkeifel besiedelt. Damals entstanden die Orte mit den Namensendungen "-ich, -ig" (latein. "-iacum") östlich vom Schleidener Tal. Das heutige Stadtgebiet war zum großen Teil bewaldet und unerschlossen, wurde aber von der Römerstraße Köln-Reims durchquert. Sie führte, von Zülpich kommend, im heutigen Gemünd über die Urft. An ihrem weiteren Verlauf entstand später das Dorf Dreiborn. Spuren aus der Römerzeit sind in Gemünd, Ettelscheid und an der Heilsteinquelle gefunden worden. In Gemünd wird sogar eine kleine Römersiedlung vermutet. Sie hatte aber keinen Bestand.

Die 18 Orte der heutigen Stadt Schleiden (Berescheid, Broich, Bronsfeld, Dreiborn, Ettelscheid, Gemünd, Harperscheid, Herhahn, Kerperscheid, Morsbach, Nierfeld, Oberhausen, Olef, Scheuren, Schleiden, Schöneseiffen, Wintzen und Wolfgarten) entstanden nicht vor der hochmittelalterlichen Rodungszeit und haben darum rein deutsche Namen. So auch Wollseifen, das nach dem letzten Krieg "totes Dorf" wurde. Mit den Siedlungen entstanden drei verschiedene Territorien, deren bis zur Französischen Revolution unterschiedliche Geschichte hier gesondert dargestellt wird.

Die einzelnen Abschnitte der Schleidener Stadtgeschichte

  • Herrschaft Schleiden I

    Zum ersten Mal erwähnt wird die Burg Schleiden 1198 als "castrum Sleyda". Die Gemeinde, die an ihrem Fuße entstand, hat den Namen übernommen. "Sleyda" bedeutete "Abhang", nach der steilen Anhöhe, auf der die Burg steht.

    Der erste hiesige Dynast war der Edelherr Konrad von Schleiden. Er begründete eine Nebenlinie der Herren von Blankenheim. Überliefert sind aus den frühen Tagen der Herren von Schleiden vor allem ihre ständigen Streitigkeiten mit dem Kloster Steinfeld wegen sich überschneidender Besitzverhältnisse. Das Kloster und die Herrschaft Schleiden waren nämlich beide aus dem Kirchspiel Steinfeld, einem früheren Besitz der Grafen von Are, hervorgegangen. Da das Kloster mächtige Förderer hatte, musste der Edelherr von Schleiden oft nachgeben. Auch musste er mit den Steinfelder Mönchen schon deshalb immer wieder ins Reine kommen, weil er sie für die Seelsorge brauchte - zuerst für den Gottesdienst in der Burg, seit 1230 auch für eine Kapelle außerhalb, wo heute die Schlosskirche steht.

    Zum Schleidener Besitz der Edelherren gehörten außer der Gemeinde Schleiden und Gangfort die Ortsteile Bronsfeld, Harperscheid und Schöneseiffen (gemeinsame Ersterwähnung 1322 / Harperscheid damals = Hartmansroth), Oberhausen (Ersterwähnung 1438), Kerperscheid, Broich und Wintzen (gemeinsame Ersterwähnung 1464) und seit 1487 "Überruhr". Außerhalb des heutigen Stadtgebiets ferner: die Gerichte Kall, Sistig und Mürringen (heute Ostbelgien) sowie Teile von Blumenthal, Kirschseiffen und Hellenthal. Johann I. von Schleiden (1346-1379) war so bedeutend, dass ihm der König die Verantwortung für die Aufrechterhaltung des Landfriedens zwischen Rhein und Maas übertrug. Bereits 1271 wurde Konrad II. von Schleiden luxemburgischer Lehnsmann. Konrad IV. nahm 1343/44 "Burg, Vorburg und Tal" Schleiden zu Lehen. Selbst Dietrich der Weise bekräftigte 1546 die Lehnsabhängigkeit. Ein Gegengewicht bildeten aber schon früh Lehensvereinbarungen mit den Grafen (später Herzögen) von Jülich, deren Land bis an den Dieffenbach reichte. 1360 wurde die "Statt" Schleiden Jülicher Lehen.

    Dass Schleiden 1309 bereits ein Handelsplatz war, lässt eine Urkunde vermuten, in der der König dem Schleidener Edelherrn gestattet, in seinem Burgbereich Juden aufzunehmen. Ein Dokument über eine Stadtrechtverleihung bereits im Mittelalter besitzt Schleiden nicht. Doch wird Schleiden seit 1360 zwar nicht durchgängig, aber immer wieder als Stadt bezeichnet. Als Schleiden 1575 ein kaiserliches Marktprivileg erhielt, war dieses vorher von Dietrich VI. für "seine Stadt" erbeten und vom Kaiser der "Stadt" verliehen worden. Eine Stadtmauer wird bereits 1418 erwähnt.

    Als das Haus Schleiden im Mannesstamm ausstarb (1434), gelangte Schleiden über Erbtöchter zunächst an das Haus Nassau und dann an die Grafen von Manderscheid (1451), die ihren weit verstreuten Eifelbesitz bald in der Familie aufteilten und deren Linie Manderscheid-Schleiden hohes Ansehen gewann.

    Unter ihr wurde die schon im späten Mittelalter bezeugte Eisenindustrie zur wichtigsten Einnahmequelle der Grafen. Von deren sieben genossenschaftlich betriebenen Hütten lagen vier (Müllershammer, Oberhausen, Wiesgen und Gangfort) im heutigen Stadtgebiet. Schleidener Hüttenmeister wie die Poensgen und Schoeller wurden die Stammväter bedeutender deutscher Industriellenfamilien. Der bedeutendste Manderscheider war Dietrich IV. der "Weise" (1501-1551), der Erbauer der Schlosskirche, der diese 1539 aus dem Steinfelder Pfarrverband lösen und seinem Patronat unterstellen konnte.

    Viele Schleidener wandten sich in seiner Zeit dem Humanismus und der Reformation zu.

  • Herrschaft Schleiden II

    Der berühmte Geschichtsschreiber Johannes Sleidanus (1506-1556) und der bedeutende Pädagoge Johannes Sturmius (1507-1589) waren aus Schleiden stammende Anhänger der neuen Lehre.

    Am 19.2.1542 predigte der Straßburger Reformator Martin Bucer in der Schlosskirche. Offiziell trat die Pfarre Schleiden allerdings erst 1561, nach dem Augsburger Religionsfrieden, unter Dietrich VI. zum neuen Glauben über. Auch als dieser 1593 kinderlos starb, blieb die evangelische Gemeinde Schleiden weiter bestehen. Philipp von der Marck, ein katholischer Erbe, musste nach wenigen Monaten Schleiden wieder räumen, weil der Kaiser und Spanien-Luxemburg Erbrechte der protestantischen Witwe Dietrichs VI. anerkannten. Burg und Vorburg (mitsamt der Schlosskirche) musste diese dafür den Spaniern als Garnison überlassen. Die Stadt (Jülicher Lehen) und Burg und Vorburg (spanische Garnison) waren damals durch Tor und Mauern voneinander getrennt. Protestantisches Gotteshaus war jetzt die Hospitalkirche in der Stadt.

    Steinhäuser waren damals selten, das Bild der Stadt bestimmten dicht aneinander gebaute, strohgedeckte Fachwerkhäuser. In ihrer Mitte brach am 15.Juli 1603 nachts ein Feuer aus, dem ganz Schleiden unterhalb der Vorburg zum Opfer fiel ("in 3 stunden 92 wolerbawete wohnungen und über 30 scheuren und stallungen verbrandt"). Dank großzügiger Spenden konnte Schleiden rasch wieder aufgebaut werden. Zwei Häuser aus dem Jahre 1605 erinnern noch daran. Die Straßburger stifteten 1604 für die Hospitalkirche eine Glocke. Sie hängt heute in der Schlosskirche. Der Katastrophe von 1603 folgte 1610 eine zweite, als Schleiden durch den Söldnerführer Ernst von Mansfeld in den Jülich-Klevischen Erbfolgestreit hineingezogen wurde. In einer Januarnacht 1610 drang er in die ummauerte Stadt ein und plünderte sie. Fünf Tage später wurde die inzwischen "verbollwerkte" Stadt von Friedrich von Solms, Gouverneur von Düren, nach blutigem Ringen befreit (und erneut geplündert).

    1613 bei der Einigung der Manderscheider Erben wurde Schleiden dem Grafen Philipp von der Marck zugesprochen, der aber kurz darauf starb. Sein Sohn Ernst (1613-1654) leitete 1619 in Schleiden die Gegenreformation ein. Die Schlosskirche wurde "wieder mit Altären versehen" und evangelischer Gottesdienst verboten. Ihn durften Lutheraner und Reformierte nur im "ausländischen" Gemünd aufsuchen. Das private Bekenntnis wurde geduldet. Noch 1705 waren in der Stadt ein Drittel und in der ganzen Schleidener Pfarrgemeinde, zu der auch Bronsfeld, Harperscheid, Schöneseiffen und ein Großteil des südlichen Schleidener Tals gehörten, mehr als die Hälfte der Bevölkerung protestantisch. Zur Remissionierung gründete Graf Ernst 1642 ein Franziskanerkloster strenger Observanz, dessen Kirche in der Folgezeit ein viel besuchter Wallfahrtsmittelpunkt wurde. Im 17. Jahrhundert gelang es Luxemburg in zunehmendem Maße, aus der bloßen Lehnshoheit über Schleiden eine Landeshoheit zu entwickeln. Ludwig XIV. annektierte dann 1682 im Rahmen seiner Reunionspolitik auch das Schleidener Land.

    Eine Volkszählung ergab 1688, dass die Stadt (ohne Klosterangehörige) nur 360 Einwohner hatte und vor allem von der Tuchherstellung lebte. 11 Bewohner waren Hüttenmeister. In den folgenden Kämpfen wurde die Schleidener Burg 1689 und 1702 von den Franzosen zerstört, das zweite Mal "bis auf die Grundmauern". Eine wehrhafte Burg mit hoher Schildmauer und mächtigen Türmen sank damals in Trümmer. Beim späteren Wiederaufbau entstand ein unbefestigtes Schloss mit freier Zufahrt im Norden. Hoffnungen, nach einer Niederlage Ludwigs XIV. die luxemburgische Landeshoheit mit kaiserlicher Hilfe abschütteln zu können und wieder reichsunmittelbar zu werden, musste Schleiden 1714 begraben, weil jetzt Österreichs Erwerbung der südlichen Niederlande (einschließlich Luxemburgs) den Kaiser selbst zum Landesherrn in Schleiden machte. Als dann im Zuge der Aufklärung erst der letzte Graf v.d.Marck und dann der Herzog von Arenberg, dessen Haus 1773 die Herrschaft in Schleiden übernommen hatte, den Protestanten wieder einen Kirchbau gestatten wollte, ließ die Landesherrin Kaiserin Maria Theresia dies nicht zu. Erst Kaiser Joseph II. erlaubte ihn im Jahre 1786. Nur wenig später, 1794, besetzten französische Truppen das ganze linke Rheinufer. Das Amt Wollseifen, seit alters "Überruhr" genannt und erst seit 1487 zu Schleiden gehörig, wurde begrenzt durch die Erkensruhr, die Rur, die Urft und die alte Römerstraße, die mitten durch Dreiborn führte. Nur beim "Grafenborn" (nahe Katzenbroich) bestand eine schmale Verbindung zur übrigen Herrschaft ("der kleine Platz"), sonst war es von Jülicher Gebiet umgeben. Der Name "Überruhr" (= "jenseits der Ruhr/Rur") erinnert an eine frühere Zugehörigkeit zu Limburg, von Schleiden aus gesehen hätte man "diesseits" sagen müssen. Das Rodungsland Walberhof ("Walebure") in Überruhr schenkte König Konrad III. 1145 dem Kloster Steinfeld (älteste Urkunde des Stadtgebiets).

    Mit dem Patronat über die Schlosskirche und allen Steinfeld noch verbliebenen Rechten links der Olef überließ das Kloster 1539 auch den Walberhof und seine uralte Kapelle dem Schleidener Grafen. Da das Land Überruhr zur Pfarre Olef in der Unterherrschaft Dreiborn gehörte, blieb es auch in der evangelischen Periode Schleidens katholisch. Graf Ernst von der Marck hat 1633/35 in Wollseifen die Kirche St.Rochus erbauen lassen, 1660 wurde sie unter dem Patronat der Schleidener Grafen selbständige Pfarrkirche. Der um seine Anerkennung kämpfende "nicht ebenbürtige" Graf Franz Anton v.d.Marck verkaufte 1670 das ganze Amt Wollseifen an die Unterherrschaft Dreiborn, 1712 wurde der Handel jedoch rückgängig gemacht.

  • Unterherrschaft Dreiborn

    Das Schloss "Troys Fontainez" (= Dreiborn, drei Quellen) wurde 1334 zum ersten Mal erwähnt. Graf Wilhelm V. von Jülich nahm es damals von König Johann von Böhmen aus dem Hause Luxemburg zu Lehen. Die Jülicher scheinen Dreiborn von den Edelherren von Hengebach (=Heimbach) geerbt zu haben.

    Zur Herrschaft gehörten neben dem Schloss große Teile der Dörfer Dreiborn und Morsbach sowie Malsbenden, Gemünd und Mauel (jeweils links der Urft) und Berescheid, Ettelscheid, Scheuren, Dieffenbach, Nierfeld, Herhahn sowie der Pfarrort Olef.

    "Unterherrschaften" waren eine Eigentümlichkeit des Herzogtums Jülich. Anders als die Jülicher Ämter waren sie relativ unabhängig. Nach verschiedenen Adelsfamilien (unter Rabolt von Plettenberg 1531 Gründung einer Eisenhütte in Olef) übernahm 1585 das Geschlecht von Harff in Dreiborn die Herrschaft, die es bis 1794 behielt. Zu beträchtlichem Wohlstand gelangt, wie Roidkins prächtige Schlossbilder zeigen, und 1650 in den Freiherrnstand erhoben, hatten die von Harff ihre Grablege in der Olefer Pfarrkirche St.Johannes Baptista.

    Dreiborn und Gemünd waren nur Kapellenorte. Urkundlich belegt ist der Name Olef zuerst im Jahr 1130 für den Fluß ("in fluvio Olfe") und 1252 für den Ort ("Silmannus de Olefe", Schleidener Ministeriale). Der "Liber Valoris" von etwa 1300 verzeichnet die Pfarre "Olphe". Die älteren Teile der heutigen Kirche stammen aus dem 14.Jahrhundert, vollendet wurde sie in der heutigen Gestalt 1497. Im Jahre 1697 brannte Olef zum großen Teil nieder.

    Der heutige Dorfkern erhielt seine Prägung beim Wiederaufbau kurz danach.

  • Amt Heimbach: Gemünd

    Urkundlich erwähnt wird Gemünd ("Gemunde" = Ort, wo Urft und Olef ineinander münden) zum ersten Mal 1213. Hermann von Jünkerath vermachte damals dem Kloster Steinfeld außer dem Hof "malisbenet" (=Malsbenden) einen Wald entlang der Römerstraße zwischen Düttling und Gemünd "usque ad pontem"(= bis zur Brücke).

    Mindestens von 1351 bis etwa 1800 gehörte die linke, stärker besiedelte Urftseite von Malsbenden, Gemünd und Mauel zur Herrschaft Dreiborn und die rechte Uferseite zum Jülicher Amt Heimbach. Selbst kirchlich fehlte die Einheit: An der Urft grenzten die Dreiborner Pfarre Olef und die seit 1521 dem Kloster Mariawald inkorporierte Pfarre Heimbach aneinander. Im Unterschied zur streng katholischen Unterherrschaft Dreiborn duldete das Jülicher Amt Heimbach auch Protestanten. Für sie wurde die Heimbacher Urftseite zu einer Zufluchtsstätte (1609 Gründung der reformierten Gemeinde, 1619 Übersiedlung des Schleidener lutherischen Pastors nach Gemünd). Dort lagen Bethäuser der beiden evangelischen Gemeinden, dort entstand 1753 die heutige evangelische Kirche. In dem zugleich lutherischen und reformierten Friedhof "An der Tricht" sind noch Grabsteine des 17. und 18.Jahrhunderts erhalten.

    Nicht wenige Reidtmeister aus dem übrigen Schleidener Tal verlegten ihren Wohnsitz nach Gemünd. Am Plan wurde 1691 das Schoeller-Stammhaus "An der Treppe" errichtet (1945 gesprengt). Der Reidtmeister Dietrich Günther (Bewohner der "Trutzburg") war bereits 1618 nach Gemünd gezogen.

    In Mauel gab es auf der Dreiborner Seite eine von Schleiden abhängige Burg. Wohl in deren Nähe befand sich bereits 1425 ein Eisenschmelzofen (der "Hitzerich"). Bis 1864, fast 400 Jahre lang, hat es im Urftbogen südlich des heutigen Hermann-Kattwinkel-Platzes ein Eisenwerk gegeben. Der Beginn der industriellen Revolution machte sich in Gemünd recht früh bemerkbar. 1763 erhielten Joh.Dietrich Peuchen und Joh.Heinr.Rotscheidt vom Dreiborner Herren eine Konzession zur Errichtung eines Eisenwalz- und Eisenschneidwerkes (Mariahütte).

  • Von der französischen Zeit bis Heute

    Als luxemburgisches Gebiet wurde die Grafschaft Schleiden schon im Oktober 1795 dem französischen Staat einverleibt und seiner revolutionären Gesetzgebung unterworfen. Als Kanton Schleiden mit den Mairien Schleiden, Kall, Hellenthal und Wollseifen wurde sie Teil des Ourthe-Departements (Sitz in Lüttich).

    Das Franziskanerkloster wurde aufgehoben und verkauft, die Franziskanerkirche blieb erhalten. Gemünd kam erst 1798 (endgültig 1801) an Frankreich. Es bildete mit 13 Mairien (darunter Dreiborn) einen weiträumigen Kanton Gemünd im Roer-Departement (Sitz in Aachen). Gemünds unsinnige Teilung wurde beendet und das katholische Rektorat 1803 zur Pfarre erhoben. Der Anschluss an den französischen Wirtschaftsraum und die Kontinentalsperre förderten die Industrie.Das eigentliche Gemünd hatte 1806 bereits 680 Einwohner und damit Alt-Schleiden, das innerhalb seiner Mauern nicht sehr viel mehr als 500 Bürger aufnehmen konnte, überrundet.

    Mit Malsbenden, Mauel, Wolfgarten und Düttling als Mairie vereinigt, kam Gemünd auf 1063 Bewohner. Im preußischen Rheinland wurden aus den Mairien Bürgermeistereien, aus dem Kanton Gemünd der Kreis Gemünd, dieser aber um die Bürgermeistereien Schleiden, Wollseifen und Kall und seit 1818 um den damals wieder aufgehobenen Kreis Blankenheim erweitert.

    Da 1816 die Abtretung von Schleiden an Mecklenburg-Strelitz vorgesehen war, blieb das Schicksal Schleidens ungewiss - bis sich Strelitz 1819 mit einer finanziellen Abfindung begnügte. 1829 wurde dann der Sitz des Kreises nach Schleiden verlegt und dieser nun Kreis Schleiden genannt. Preußen behandelte zunächst nur Gemünd als Stadt, erkannte dann aber 1843, endgültig in der Städteordnung von 1856, auch Schleiden als Stadt an.

    Nach zeitweilig fast völliReinhard Poensgen (1792-1848) betrieb auf dem Büllenbenden zwei Walzwerke und die "englische" Drahtfabrik Mariahütte mit bis zu 200 Arbeitern. Albert Poensgen (1818-80) stellte nach 1845 in Mauel in drei Werken Gasrohre, Siederohre für Lokomotiven und (mit seinem Bruder Julius) Bleirohre sowie Draht und Nägel her. Wegen seiner geschweißten Rohre gilt er als " Begründer der deutschen Röhrenindustrie, der lange Zeit in Deutschland konkurrenzlos blieb". Als die Steinkohle die Holzkohle verdrängte und ein Bahnanschluss nicht rechtzeitig zustande kam, besiegelte das den Niedergang der Eisenindustrie im gesamten Schleidener Tal.

    In Gemünd verlegten die Poensgen 1860, und das daraufhin gegründete erste deutsche Bessemerstahlwerk 1864, notgedrungen ihre Produktion nach Düsseldorf, gefolgt von vielen Arbeitern mit ihren Familien. Statt 1673 Bürgern im Jahr 1856 hatte Gemünd 1867 nur noch 1400 Einwohner. Schwer getroffen hatte Gemünd bereits 1851 ein Brand, dem 38 Häuser zum Opfer fielen. Trotz dieser Katastrophen konnte 1857-1862 die Kapelle St.Nikolaus durch einen großen neugotischen Kirchenbau ersetzt werden (Turm erst 1888/89) und die jüdische Gemeinde 1874 eine Synagoge erhalten (1938 zerstört).

    Zwar siedelten sich in den alten Werkhallen einige andere Industrien an, Lebensgrundlage wurde aber nach Bahnanschluss (1884), Gründung des Eifelvereins (1888) und dem Bau der Urfttalsperre (1901-1905) zunehmend der Fremdenverkehr, eine Entwicklung, die 1970/1978 in der Anerkennung Gemünds als Kneipp-Kurort einen Höhepunkt erreichte.

    Schleiden entwickelte sich zur Verwaltungs- und Schulstadt mit heute zwei Gymnasien, Realschule und "Schulzentrum" (Grundschule, Hauptschule, Sonderschule). 1913/14 entstand auf dem Ruppenberg als repräsentatives Gegenstück zum Schloss auf der gegenüberliegenden Olefseite das Amts- und Wohngebäude für den Landrat (heute Behördenhaus). Im Zweiten Weltkrieg wurden in Schleiden und Gemünd viele Bauten unwiederbringlich zerstört. Ein besonders hartes Schicksal erlitt Wollseifen. Die eindrucksvolle Talsperrenlandschaft zwischen Wollseifen und dem Kermeter hatte die Nationalsozialisten auf die Idee gebracht, dort ihre "Ordensburg Vogelsang" zu errichten, was wiederum die Einrichtung eines englischen, 1950 Belgien unterstellten Truppenübungsplatzes zur Folge hatte.

    Wollseifen musste dafür von der Bevölkerung am 01.09.1946 geräumt werden. Mit der kommunalen Neugliederung des Jahres 1972 hörte Schleiden auf, Kreisstadt zu sein, wurde aber als Stadt um die bisherigen Verwaltungseinheiten Gemünd, Dreiborn (ohne Einruhr) und Harperscheid vergrößert, wobei der hinzugewonnene "Truppenübungsplatz Vogelsang" der Verfügungsgewalt der Stadt entzogen blieb.

    Seit dem 1. Januar 2006 ist Vogelsang wieder für die Öffentlichkeit zugänglich. Während der Truppenübungsplatz als Teil des Nationalparks Eifel der Natur übergeben wurde, wird der bebaute Bereich Vogelsang zukünftig der Information, der Erholung und dem vielfältigen Lernen dienen und zu einem internationalen Treffpunkt werden.

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