Als Kirmes noch Kirmes war


Vor 50 und mehr Jahren war die Dorfkirmes für die Dorfbevölkerung eine der wenigen Möglichkeiten Abstand vom Alltag zu gewinnen. Eine Gelegenheit für Jung und Alt mit Verwandten und Bekannten fröhlich zu feiern. Viele oft von Ort zu Ort unterschiedliche Traditionen und Ausprägungen wurden gepflegt. Ausschlaggebend waren die Pfarrzugehörigkeit und die mit die mit der Kirchweih oft verbundenen Märkte.

Stolz präsentiert sich in den 1930er Jahren das Scheurener „Kirmesgeloog“ vor der „Schenkwirtschaft“ Hubert Groß in Scheuren.

Die Schleidener Kirmes fand immer am Sonntag nach Kreuzerhöhung statt, also Mitte September und brachte auch den zur Pfarre Sankt Philippus und Jakobus gehörenden Orte die Kirmes. Neben den in den Orten stattfindenden Kirmesveranstaltungen, wie den Kirmesbällen, war der Kirchgang zur Schleidener Pfarrkirche und der Besuch des dienstags in Schleiden stattfindenden Kirmesmarktes fester Bestandteil der Dorfkirmes. Mit einem üppigen Kirmesessen verwöhnte man sich und die Gäste. Schon Tage vorher wurde alles vorbereitet, so wurden Kuchen und Brot gebacken, Suppe und Braten vorbereitet und – was oft nur Kirmes vorkam – Fleisch und Wurst eingekauft. Das typische Kirmesessen bestand aus einer guten Rindfleischsuppe mit Markbällchen, Rinder- und Schweinebraten, und zu den in der damaligen Zeit nie fehlenden Salzkartoffeln gab es Erbsen und Möhrengemüse. Als Nachtisch wurde Vanille- oder Schokoladenpudding serviert. Wichtig war, dass alles üppig dimensioniert war und für die nächsten Tage noch ausreichend Reste zur Verfügung standen.

Für die Organisation der Kirmes gab es ein „Kirmesgelooch“, das waren die Junggesellen des Dorfes. Aus ihrer Mitte wählten sie die „Hötjonge“, die federführend das Fest organisierten.

Mitte der 60er wurde in Scheuren anstelle des „Hahneköppens“ – von Tierschützern als Leichenfledderei bezeichnet – in Schlafanzügen Fußball gespielt. Es ging Alt gegen Jung. Die Sieger des Turniers sind nicht mehr bekannt!

Die Kirmes ging über vier Tage und begann am Abend des Kirmessamstags mit dem Ausgraben des Kirmesknochens. Unter Begleitung der Kirmesmusik – das war der örtliche Musikverein oder die für die Kirmestage verpflichtete Tanzkapelle – zog man mit Kreuzhacke, Schaufel und Kirmesfahne an die Stelle, an der im letzten Jahr der Kirmesknochen begraben worden war. Mit dem ausgegrabenen Knochen – es handelte sich dabei um das Schulterblatt eines Rindes oder eines Ochsen oder einen weißgekochten Rinderkopf – ging der Umzug durchs Dorf. Dem Ortsvorsteher wurde noch ein Ständchen gespielt und dann ging es zum Tanzsaal.

Kirmessonntag zog man – zu Fuß – mit der Musik nach Schleiden zur Messe. Hier trafen sich die Messbesucher der Höhendörfer mit den Schleidenern. Während Frauen und Kinder sofort in die Kirche gingen, versammelten sich die Männer zunächst vor „Nosters-Ecke“ (heute NKD), unterhielten sich lebhaft und verweilten bis zum Messbeginn. Erst mit dem Glockenschlag ging es in die Kirche – oder auch in die Kneipe.

Nach der Messe war Gefallenenehrung am Ehrenmal. Der Schleidener Kirmesfrühschoppen wurde noch kurz besucht und dann zogen die Dörfler zum heimischen Frühschoppen. Der Frühschoppen fand auch im Saal oder Zelt statt. Es spielte die Tanzmusik zum Tanz. Die Hausfrauen verließen meist schon vorzeitig die Veranstaltung, um das Kirmesessen herzurichten. Nicht selten warteten sie dann auf Männer und Gäste und das gute Essen brutzelte im Backofen, bis auch die „Spätheimkehrer“ eintrafen.

Eine Kirmes war für alle Beteiligten recht anstrengend. Nach dem abendlichen Melken und Füttern der Tiere – die meisten Dorfbewohner hatten noch Vieh und eine kleine Landwirtschaft –spielte wieder die Musik zum Tanz. Und da musste man ja wieder dabeisein. Am Kirmesmontag lief das dann etwas ruhiger ab. Dorffrühschoppen mit Tanz, danach wurde oft noch der Schleidener Kirmesplatz mit Karussells und Schießbuden besucht. Abends war dann wieder Tanz.

„Hahneköppe“ vor dem Haus Esch in Scheuren. Anfang der 1950er Jahre.

Dienstag besuchte man den Schleidener Kirmesmarkt. Hier gab es viele Dinge zu kaufen, die es im Dorfladen nicht gab. Auch die Schieß-, Losbuden und Karussells auf dem Kirmesplatz lockten.

Zurück im Dorf fand dann die Kirmes mit dem „Hahneköppen“ und küren des Hahnekönigs ihren krönenden Abschluss. Es galt, mit verbundenen Augen, einem vorher geschlachteten und kopfüber in einem Korb aufgehängten Hahn mit einem stumpfen Säbel den Kopf abzuschlagen. Wem der entscheidende Schlag gelang, wurde damit für ein Jahr Hahnekönig.

Nach dem anschließenden Hahneball wurde zur nächtlichen Stunde unter Jammern und Weinen der Kirmesknochen begraben, um ihn im nächsten Jahr wieder auszugraben und die neue Kirmes zu beginnen.

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